Dank seiner hohen Lage auf fast 4.000 m ist es auch in Potosi ziemlich kalt; nur im direkten Sonnenlicht schafft es die Wärme in unsre kalten Knochen. Wir sind jetzt seit zwei Monaten in der Kälte und sehnen uns richtig nach Kurze-Hosen-Wetter, was es hoffentlich in dem ca. 1.200 m tiefer liegenden Sucre gibt. Zumindest die Wetter-App verspricht über 20 °C…
Da wir morgens noch unsre Heimflüge nach Deutschland buchen, kommen James, Matt und wir erst gegen Mittag los, stärken uns auf dem Markt mit bolivianischem Spießbratenbrötchen (köstlich!) und fahren mit dem Taxi gen Nordosten nach Sucre. Die Sonne scheint, unser Tank ist diesmal voll und wir haben es genau richtig getimed: Das Autorennen um Sucre ist grade zu Ende gegangen, der Stau löst sich auf und wir sind im Warmen, ja wir schwitzen sogar ein bisschen. Toll. Auf der Plaza Mayor wird die Rallye gefeiert; gut betankte, freundliche Rennfahrer und ihre Fans stützen sich an den Bierständen ab und laden uns gleich mal ein. Wie so oft ist „Ustedes son de Alemania, ohhhhh Bayern Munitsch“ unsre Eintrittskarte. So macht Fußball Spaß – selbst für Ahnungslose
Frühstück gibt es auf dem Mercado Central: Fruchtshake, Obstsalat mit pinkfarbenem Joghurt und Eischneetopping, Empanadas, Reis mit Hühnchen und Salat, Erdnusssuppe und noch viel mehr. Wir arbeiten uns durch’s Programm. Zu Fuß erkunden wir die Stadt, ruhen uns in den zahlreichen Parks aus und futtern, was der Straßenverkäufer grade so anbietet, oder sitzen in einem der vielen netten Cafés in der Sonne.
Diese Stadt hat Flair. Sie lädt ein zum Müßiggang und wir fühlen uns hier richtig wohl. Daniel bekommt sogar nach Monaten mal wieder ein Jever in die Kehle. Es läuft in wenigen Tagen ab und schmeckt leider gar nicht so, wie er es sich vorstellt. Gut, dass ich bei Sureña geblieben bin.
An unsrem dritten Tag besuchen wir den Bauernmarkt. Hier werden neben Gemüse, Obst, Fleisch, Klamotten etc. die nötigen Zutaten für die althergebrachten Rituale feilgeboten. Vom Räucherwerk bis hin zum Lamafötus gibt es hier alles – Überwiegend sind es Kräuter und Harze zum Verbrennen. Wir sehen aber auch Knochen aller Art, Flamingo-, Adler-, Falkenflügel, Tukanschnäbel. Händler stellen sachkundig Opferpakete zusammen, um Pachamama zu danken oder böse Schwingungen abzuwenden. In den stilleren Ecken des Marktes beraten und agieren Heiler. Wir sind fasziniert. Es erinnert uns an Guatemala, wo der Aberglaube ebenfalls noch lebendig ist und sich mit der aktuellen Religion vermischt. Am späten Nachmittag fahren wir ans andere Ende der Stadt, um an der Kirche La Recoleta die blaue Stunde mit ein paar Bierchen zu genießen. Hier sieht es aus wie in der Toskana und man hat einen tollen Blick auf Sucre. Auch hier ist wieder ein kleiner Markt. Wir vier sind in Kauflaune und erstehen Pullover (Matt, James, Jacqueline), Rucksack (Matt) und Mütze (Daniel). Natürlich Alpaka; seltsam ist nur, dass sie wie Acrylpullover knistern…
Am nächsten Morgen beginnen wir den Tag wieder mit einem Marktbesuch. Komisch, „unser“ Stand ist von der Stadtverwaltung geschlossen worden. Hoffentlich nicht vom Gesundheitsamt, überlegen wir. Die Nachbarin klärt uns auf – Steuern wurden nicht gezahlt. Trotzdem schmeckt uns das Essen heut nicht mehr ganz so gut. Nachmittags besuchen wir den Friedhof. Ziemlich gruselig finde ich die vor sich hin dudelnden Grußkarten zum Muttertag, die an einigen Gräbern stehen. Hier rebelliert auch schon Daniels Magen, er eilt zurück ins Hostal und hütet von da an das Bett. Mal sehen, wie es uns anderen dreien gehen wird. Am nächsten Tag ist er immer noch leidend, aber reisefähig. Wir fahren abends weiter nach La Paz. James wird ein paar Wochen länger in Sucre bleiben, um in einem Sprachkurs sein Spanisch aufzubessern. Matt bleibt auch noch ein bisschen länger. Hätten wir keine Flüge gebucht, würden wir es ihnen gleichtun. Wir sind alle ein bisschen traurig. Vier Wochen waren wir jetzt gemeinsam unterwegs und nun trennen sich unsre Wege.